Geheimniskrämerei und bewusste Irreführung wirft Stadträtin Heidrun Jänchen (Piraten) der Jenaer Verwaltungsspitze vor, was den Verwaltungsbau am Lutherplatz betrifft. Dreieinhalb Jahre hatte es gedauert, bis der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zu dem Projekt in Öffentlich-Privater Partnerschaft vorlag. Anfang Januar äußerte sich Dezernent Frank Jauch in der Presse in Bezug auf das konkrete Projekt Lutherplatz wenig begeistert, aber allgemein dennoch positiv über diese Art der Finanzierung, bei der ein Investor baut und die Stadt teuer mietet. Dabei erklärte er auch, er stufe den Bericht nicht als „geheime Verschlusssache“ ein.
Seither hat Jänchen bereits drei Stadtratsanfragen gestellt, um eine Veröffentlichung zu erreichen – erfolglos. Zwar wurde der Bericht im Mai nichtöffentlich im Stadtrat behandelt, aber der normale Bürger weiß bis heute nicht, ob der Umweg über den Investor für die Stadt so vorteilhaft war, wie behauptet. Die Stadträte dürfen nicht über die Ergebnisse sprechen, weil sie zum Stillschweigen über nichtöffentliche Informationen verpflichtet sind.
Nachdem Oberbürgermeister Albrecht Schröter die Geheimhaltung mit den schützenswerten Interessen Dritter, nämlich des Investors, begründet hatte, fragte Jänchen im Mai, ob es im Bericht Teile gäbe, die nur das Verwaltungshandeln betreffen und deshalb veröffentlicht werden könnten. Darauf gab es in der Stadtratssitzung keine Antwort – ohne Angabe von Gründen. Das verstößt gegen die Geschäftsordnung des Stadtrates. Inzwischen liegt die schriftliche Antwort vor: Man wolle den Bericht komplett und ohne Schwärzungen veröffentlichen und habe deshalb bei den beteiligten Dritten angefragt, ob sie einverstanden wären. Eine Antwort erwarte man im Juni.
„Das beantwortet natürlich nicht die Frage, ob Teile des Berichts auch ohne den Segen des Investors veröffentlicht werden können“, kritisiert Jänchen. „Außerdem verliert der Oberbürgermeister kein Wort darüber, was er zu tun gedenkt, wenn die Zustimmung verweigert wird.“ Sie hält das Ganze – nach fast einem halben Jahr Auseinandersetzung – für ein reines Zeitspiel. Man wolle offenbar mit allen Mitteln verhindern, dass der Bericht bekannt werde, bevor mit dem Stadionneubau das nächste ÖPP-Projekt gestartet werde. Dass ein öffentliches Interesse an den Ergebnissen bestehe, bestätige der Oberbürgermeister selbst, indem er in seinem Antwortschreiben Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz erwähne.
„Es wird eine vierte Anfrage im Juni geben – und eine weitere nach der Sommerpause, wenn die Geheimniskrämerei nicht aufhört“, kündigt Jänchen an.