„Fast 6 Millionen Euro investiert die Stadt in die Erzeugung eines Dauerstaus auf einer der Haupteinfallsstraßen von Jena“, bringt Stadträtin Heidrun Jänchen (Piraten) ihre Kritik auf den Punkt. Dass die Brücke zwischen Lobeda-Ost und Lobeda-West neu gebaut werden muss, steht auch für die Piraten außer Frage. Betonfraß ist dort in den letzten Jahren zu einem echten Problem geworden. Sie stören sich jedoch an der Art der Planung.
Bisher hat das hochfrequentierte Verkehrskreuz die bestmögliche Qualitätsstufe A. Das heißt, im Normalfall kann man es ohne Warten passieren. Nach dem Umbau ist dort nur noch Qualitätsstufe D zu erwarten. Das bedeutet bei starkem Verkehr eine Wartezeit von zwei Ampelzyklen. Denn künftig soll es dort, wo an den Enden der Brücke die Rampen von der Stadtrodaer Straße einmünden, ampelgeregelte Kreuzungen geben.
Ein Verkehrsgutachten zum Stadionumbau ergab eine Verkehrsbelastung der Stadtrodaer Straße mit fast 50.000 Fahrzeugen pro Tag. Sie ist die wichtigste Pendlerverbindung ins Umland. Selbst die verantwortlichen Planer bei KSJ gehen deshalb davon aus, dass sich im Berufsverkehr ein Rückstau bilden wird – und denken über weitere Ampeln auf der ehemaligen „Schnellstraße“ nach, um den Stau breiter zu verteilen. Den meisten Bürgern sei bisher gar nicht bekannt, was da auf sie zukomme, meinen die Piraten.
Als Grund für die neuen Ampeln werden mögliche Unfälle an den Auffahrten und der auf der Brücke geplante Radweg genannt. Der Radweg soll zukünftig in der Mitte zwischen den Fahrbahnen der Autos verlaufen. „Es ist gut und wichtig, dass in den Radverkehr investiert wird“, sagt Jänchen, die selbst viel mit dem Rad in der Stadt unterwegs ist. „Aber es muss sinnvoll sein.“ Nach ihrer Erfahrung reagieren die meisten Radfahrer ungläubig bis entsetzt auf die Planung. Sie selbst würde eine Verbesserung sowohl der jetzigen Fußgängerquerung südlich der Brücke als auch des Goldbergtunnels nördlich bevorzugen. Unterstützung bekommt sie dabei von Frank Cebulla, sachkundiger Bürger der Piraten im Stadtentwicklungsausschuss, der selbst in Lobeda wohnt. Die allermeisten Radfahrer würden nach seiner Beobachtung die Hauptstraßen meiden und lieber auf den ruhigeren Wohngebietsstraßen und Wegen fahren. Ein Radweg zwischen zwei stark befahrenen Straßen vermittle einfach kein gutes Sicherheitsgefühl, meint er.
Im letzten Stadtrat hatten die Piraten deshalb gleich drei Anträge zum Brückenneubau gestellt. Sie forderten eine Stellungnahme des Klinikums (auch zeitkritische Rettungstransporte wären von den Staus betroffen), eine grundsätzliche Bürgerbeteiligung, die nicht nur den betroffenen Stadtteil Lobeda, sondern die ganze Stadt einbezieht, und einen einmonatigen Testlauf der geplanten Ampelregelung. „Lieber jetzt einen Probemonat Chaos und Stau mit der Möglichkeit zum Umdenken, als den Kopf in den Sand gesteckt und für die nächsten 30 Jahre Chaos und Stau in Beton gegossen“, erklärt Jänchen diese Idee. Die Mehrheit im Stadtrat fand das überflüssig. Lobedas Ortsteilbürgermeister Volker Blumentritt (SPD) erklärte, öffentliche Ortsteilratssitzungen, an denen insgesamt bis zu 50 der 108.000 Jenaer Bürger teilgenonmmen hätten, seien ausreichend. Von Oberbürgermeister Albrecht Schröter musste sich Jänchen sogar anhören, sie wolle Verwaltung und Stadtrat ganz abschaffen und fordere Bürgerbeteiligung nur wegen des Bundestagswahlkampfes.
„Der OB kann sich offenbar nicht vorstellen, dass ein Stadtrat Bürgerbeteiligung aus Überzeugung richtig findet“, sagt die Piratin dazu. „Das ist sehr schade bei einem Thema, das so viele Bürger der Stadt und tausende Pendler jeden Tag betreffen wird.“ Sie hoffe indes noch immer auf eine vernünftigere Lösung, mit der die Leistungsfähigkeit der Kreuzung erhalten werden kann.