In einem geben die Jenaer Piraten dem Finanzdezernenten Frank Jauch recht: Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft sind kein Teufelswerk. „Um ihre Hausaufgaben nicht zu machen, braucht die Verwaltung keine höllische Hilfe“, sagt Stadtrat Clemens Beckstein dazu. „Das teure Konstrukt ist ein Jauchwerk.“
Immerhin drei Jahre brauchte die Stadtspitze, um den vom Stadtrat geforderten Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zum Verwaltungsbau Lutherplatz 3 vorzulegen. Ein weiteres halbes Jahr mühte sich Stadträtin Heidrun Jänchen um die Veröffentlichung des zunächst als geheim eingestuften Berichts. Vier Stadtratsanfragen waren nötig. Schließlich lieferte das Finanzdezernat mit Schützenhilfe des städtischen Rechtsamtes eine Art Lesehilfe zum Bericht, die erklärt, dass alles nicht so schlimm sei.
Das war nötig, denn der Bericht selbst lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. „Der Eigenbetrieb KIJ konnte keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen … vorlegen“, heißt es im Bericht. Es war nur angegeben worden, ein Bau durch KIJ selbst wäre um 30 Prozent teurer geworden als der Vertrag mit Hochtief. Das konnte laut Bericht „in keiner Kalkulation nachvollzogen werden“. „Man hat einfach irgendetwas angenommen, um zum erwünschten Ergebnis zu kommen“, glaubt Jänchen. „Jetzt zahlen die Jenaer teuer dafür.“
Tatsächlich mietet die Stadt die Büroflächen zu einem Preis von 13,24 Euro pro Quatratmeter. Im Beschluss zum ÖPP-Projekt selbst wurde als „ortsübliche Vergleichsmiete“ 6,00 und 8,00 Euro angegeben – etwa die Hälfte. Selbst heute, sieben Jahre später, ist das Verwaltungsgebäude Spitzenreiter bei den Mietkosten. Eine Studie der Jenaer Universität stellte Büromieten zwischen 3,70 und 13,20 Euro in der Stadt fest. Besonderen Luxus wie etwa eine Klimaanlage bietet das Gebäude nicht. Trotzdem zahlt die Stadt die höchste Büromiete Jenas, zur Freude des Investors und mit einer garantierten Laufzeit von 15 Jahren.
Die Genehmigung des Landesverwaltungsamtes für das „kreditähnliche Rechtsgeschäft“ beantragte man erst, als der Bau bereits stand. Die Aufsichtsbehörde ließ sich dafür dann – angesichts der bereits geschaffenen Tatsachen nachvollziehbar – noch einmal drei Jahre Zeit für eine Antwort.
„Mit ÖPP erreicht man genau eines: Man kann Schulden machen, ohne sie Schulden nennen zu müssen“, meint Beckstein. Er ärgert sich, dass mit dem Stadionneubau das nächste Projekt nach dem gleichen Strickmuster organisiert wird – mit Gewinngarantie für den Investor, der eigentlich nur ein Kreditgeber sei. Denn die Stadt plant, ihm jeden Cent seiner Investition mit Zinsen zurückzahlen, plus Betreibungszuschuss. „Und das alles nur, um nicht zugeben zu müssen, dass die Stadt einen Löwenanteil von rund 40 Millionen Euro der wohl mindestens 52 Millionen für das Stadion letztlich selbst tragen wird.“